Innovative Kunst- und Ausstellungsprojekte

Mittwoch, 31. Mai 2017

Von Athen lernen vs. Viva Arte Viva


Alle 10 Jahre ist es wieder soweit. Die beiden größten Kunstevents treffen aufeinander. Für den werten Kunstinteressierten heißt das: Der Urlaub ist verplant. Kein genüssliches Relaxen am Strand, kein Wandern an der frischen Luft, kein Segeltörn oder sonstige erquickende aber zeitraubende Betätigungen. Kunst ist angesagt. Damit sei natürlich nicht gesagt, dass die Beschäftigung mit der Kunst nicht auch erquickend ist, jedoch gehört schon auch eine gewisse masochistische Ader dazu, um sich genau diese beiden Ausstellungen anzutun. Denn es bedeutet in aller Regel Schlange stehen für die Eintrittskarte und danach in überfüllten Räumen Werke zu betrachten, ohne die Möglichkeit zur sofortigen Reflexion zu haben. Reflexion benötigt nämlich Raum - sowohl körperlich als auch geistig. Und Raum ist nur selten vorhanden bei diesen Megaevents. Und wenn dann noch Temperaturen von über 30 Grad herrschen ... Da hilft manchmal nur, möglichst viel in den geistigen Speicher aufzunehmen, Fotos zu machen als Erinnerungsstütze und anschließend in aller Ruhe – ein gutes Glas Wein fördert durchaus eingefahrene Denkstrukturen zu durchbrechen – das Ganze nachzuvollziehen. Die Documenta und die Biennale erfordern eine gewisse Opferbereitschaft, doch wer bringt die nicht gern auf, um am Puls der künstlerischen Zeit lauschen zu können. 

BeeJay Art Projects hat sich noch vor dem Besuch der Ausstellungen mit den in diversen Medien veröffentlichten Informationen beschäftigt und möchte dem geneigten Leser eine erste Meinung nicht vorenthalten, denn es scheint, dass dieses Mal zwei künstlerische Extrema aufeinandertreffen, welche - allein schon ihrer unterschiedlichen Mottos wegen - eine Kommentierung geradezu herausfordern. 

Doch zunächst sei die scheinbar einzige Gemeinsamkeit der beiden Events erwähnt, welche jedoch schon immer – zumindest seit BeeJay Art Projects diese Ausstellungen verfolgt – gegolten hat: Der Kunstmarkt spielt keine Rolle. Das ist angenehm, das ist gut, das führt dazu, dass man wirklich Neues sieht. 

"Von Athen lernen" ist das Motto der Documenta und entsprechend findet sie in Athen und Kassel statt. BeeJay Art Projects verbleibt etwas ratlos angesichts des Mottos. In einem in der  Fachpresse veröffentlichten Interview erklärt der Kurator, Adam Szymczyk, dass er persönliche Beziehungen zu den Menschen in einem griechischen Dorf habe und somit die Probleme der Griechen kenne und dass die Bevormundung Griechenlands durch die EU seinem Gerechtigkeitssinn widerspreche. Außerdem sei er als Pole, der im Polen des Kriegsrechts der 80er Jahre aufgewachsen ist, es gewohnt mit Kunst auf eine Krise zu reagieren. Das klingt durchaus ehrenhaft und dieser Standpunkt sei mit einer gewissen Zustimmung zur Kenntnis genommen, jedoch die weltweit größte Kunstausstellung  einer derart engen Doktrin zu unterwerfen, wirkt – bei allem Verständnis - kleinkariert und nicht zuletzt schulmeisterlich.  

Doch das Motto ist die eine Sache und die Ausstellung eine andere, denn die Documenta scheint – vielleicht auch nur dank der Künstler - so vielseitig und inspirierend wie immer zu sein. Ist es nur eine vom Kurator an den deutschen Finanzminister gerichtete Provokation, der von den Griechen die Erledigung ihrer Hausaufgaben einforderte? Das wäre für BeeJay Art Projects bis zu einem gewissen Grad zwar verständlich, jedoch bleibt das Motto unglücklich gewählt, denn entweder es hat nur bedingt etwas mit der Documenta zu tun oder es ist eine unangebrachte Einschränkung der künstlerischen Freiheit.

Dagegen wird auf der Biennale ganz einfach die Kunst gefeiert. "Viva Arte Viva" ist das Motto und die Kuratorin, Christine Macel, erklärt, dass es ihr um den "Glauben an die Kunst" gehe, um die "Wichtigkeit des erkenntnisfreien Augenblicks". Da hat jemand die Kunst, was sie ist und was sie bewirken kann viel besser verstanden, meint BeeJay Art Projects. Im von Macel kuratierten Padiglione Centrale gibt es einen Pavillon der Farben, einen Pavillon der Unendlichkeit, einen Pavillon der Traditionen, einen dionysischen Pavillon und einen Pavillon der Künstler und Bücher. So vielseitig kann Kunst sein und BeeJay Art Projects glaubt nicht, dass man tatsächlich erkenntnisfrei beim Durchschreiten der Räume bleibt. Vielmehr wird dem Betrachter erlaubt, seine eigene spezifische Erkenntnis zu gewinnen und hat nicht schon den erhobenen Zeigefinge des Kurators beim Betreten der Ausstellung mit im Gepäck. 

So bleibt BeeJay Art gespannt auf die Ausstellungen und wie sie mit ihren Mottos umgehen. 

Zuletzt möge nicht unerwähnt bleiben, dass die Informationen zu den Kuratoren, deren Mottos und Intensionen dem Kunstmagazin art entnommen wurden, welches natürlich noch weitaus mehr Informationen zu den beiden Ausstellungen bietet, die resultierende Meinung jedoch sei ausschließlich BeeJay Art Projects zuzuschreiben.


PS: Da sich die Veröffentlichung dieses blogs etwas verzögerte, soll noch mitgeteilt werden, dass BeeJay Art Projects mittlerweile Gelegenheit hatte, die Biennale zu besuchen. Leider nur einen Tag und somit konnten nur die Giardini in Augenschein genommen werden. Zu dem von Macel kuratierten Padiglione Centrale kann das oben Genannte voll umfänglich bestätigt werden. Die Werke waren durchaus nicht alle unpolitisch nur eben nicht so explizit ohne weiteren Interpretationsspielraum, wie es die der Documenta vermuten lassen. Von den Länderpavillons sind der Großbritanniens, Rumäniens, Australiens und der Pavillon der Schweiz, in besonderer Erinnerung geblieben. Auch der deutsche Pavillon hat durchaus einen erwähnenswerten Eindruck hinterlassen.

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