Hobbygärtner, die sich der Gartenzwergidylle entwachsen
glauben, verwenden sie gerne, ohne jedoch zu realisieren, dass sie mit nicht
minder großem Kitsch ihre Gärten verunstalten. Sie wird auf Stangen gespießt
und zwischen den Pflanzen in Grüppchen oder einzeln arrangiert und muss dort
glitzern und glänzen zur Freude des Gärtners und zum Leid des Ästheten.
Erfunden wurde sie im viktorianischen Zeitalter zu einem ganz banalen Zweck.
Mit ihr konnte der Hausherr unbemerkt seine Bediensteten bei der Gartenarbeit
beobachten, ob denn wirklich noch Unkraut gejätet oder das schöne Wetter schon
für ein heimliches Schläfchen hinter einem Busch genutzt wurde. Die Rede ist
von der Rosenkugel, einer Glaskugel mit trichterförmigen Öffnung, die es
mittlerweile in allen möglichen Ausführungen und Farben gibt, deren klassische
Ur-Variante jedoch die silbrig verspiegelte ist.
Dass die Rosenkugel auch einem hochästhetischen Zweck
zugeführt werden kann, beweisen die Fotografien des Armin Weidner. Er platziert
die Kugel in einer Landschaft und fotografiert sie quasi als Nahaufnahme in
ihrer unmittelbaren Umgebung. In der Kugel spiegelt sich jedoch die gesamte
Landschaft (inklusive des Fotografen) als 180°-Panorama. Resultat ist
Landschaftsfotografie vom Feinsten. Das Stilmittel der Kugel erlaubt die
Charakterisierung einer Landschaft sowohl im Detail als auch in der Gesamtheit
in nur einem Bild. Das Große und das Kleine werden vertauscht und damit in
ihrer Relevanz gleichgestellt. Der gute alte Geheimrat fällt ein, der zum selben
Thema auch mehrfach zitiert werden kann: "Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken".
Wenn hier im Zusammenhang mit den Fotografien von Armin
Weidner von Landschaft die Rede ist, so sei angemerkt, dass bei Weidner dieser
Begriff weiter gefasst werden muss; es kann sich durchaus auch um die Landschaft
eines unaufgeräumten Frühstückstisches handeln oder um eine durchweg technische
Umgebung.
Obwohl zwangsweise grundsätzlich im Spieglebild auf der
Kugel vorhanden, ist der Fotograf nicht immer erkennbar. Manchmal versteckt er
sich und nur die Kamera ist sichtbar oder er platziert sich so geschickt, dass er in
einem dunklen Bereich des Spiegelbildes unsichtbar bleibt. Manchmal zeigt er
sich auch offen und nimmt dann einen großen Teil der Kugel ein. Ob gut sichtbar
oder nicht, ob klein oder groß, die Bilder sind immer auch eine Art
Selbstportrait. Der Fotograf als Bestandteil der von ihm fotografierten
Landschaft. Hier soll jedoch der Assoziation des geneigten Betrachters nicht
vorgegriffen und ein paar Geheimnisse den Bildern nicht entrissen werden.
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